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Nachteule

Warum Shakespeare kein guter SEO-Texter ist

Aktualisiert: 12. März 2023

Versetzen wir William Shakespeare einmal in unsere heutige Zeit. Er hat von einem Kunden gerade einen neuen Auftrag für ein Stück erhalten. Voller Elan und Eifer setzt er sich an die Aufgabe, geht in sich und brainstormt, was das Zeug hält. Nach tagelangem Grübeln und Grübeln kommt ihm die zündende Idee. Das Stück soll Romeo und Julia heißen. Es geht um die ganz große Liebe. Er schreibt einfach drauf los und bald hat er den ersten Aufzug fertig geschrieben. Stolz kann er die ersten 6597 Worte vorweisen. Es geht um die ganz großen Gefühle und er weiß, das wird ein Meisterstück.

Das Publikum wird ihn lieben und verehren. Doch während er noch verträumt in die rosige Zukunft blickt, fällt ihm ein, dass sein Auftraggeber irgendetwas von suchmaschinenoptimierter Text geschrieben hatte. Er weiß zwar nicht genau, was das ist, aber er hat da ein paar hilfreiche Werkzeuge, die das schon für ihn richten werden.

Als Erstes soll er das Haupt-Keyword eingeben. In diesem Fall trägt er die „große Liebe“ ein. Dann startet auch schon die Textanalyse. Shakespeare ist voller Hoffnung, der Text ist perfekt geschrieben. Er hat an alles gedacht, an was ein großartiger Dichter denken muss. Doch dann die erschreckende Wahrheit. Fast alles ist SEO-technisch falsch. Er hat keine Metabeschreibung und keinen Title angegeben. Das Keyword kommt nirgendwo in seinem Text vor, es gibt keine Überschriften, keine Bilder und keine internen Verlinkungen. Das einzig positive ist die hohe Wortanzahl.

Verzweifelt bricht der Künstler in Tränen aus. Wie soll die Öffentlichkeit so sein großartiges Stück jemals zu Gesicht bekommen. Was soll soll er bloß machen? Er ist einfach kein guter SEO-Texter.

Er beschließt seinen Kummer erst einmal in seiner Stammkneipe zu ertränken. Vielleicht sind dort auch seine Freunde Homer und Wilhelm Busch. Sie können ihm vielleicht ein paar nützliche Hinweise geben.


Homer und Busch sind auch keine besseren SEO-Texter


Tatsächlich trifft Shakespeare an seinem Stammtisch die beiden Künstler an. Doch sie blicken ebenso betrübt daher wie er selbst. Die Ursache ist auch hier schnell geklärt. Homer und Busch können als SEO-Texter ebenfalls nicht überzeugen. Busch sein Gedicht „der Vogel“ erzielt zwar einen sehr guten Flesch-Reading-Ease, aber die Wortanzahl beträgt nur 75 Worte. Auch sein Keyword „Vogel“ kommt kaum in dem Gedicht vor, sein SEO-Titel ist zu kurz und er hat auch keine Bilder von einem Vogel eingebaut. Homer scheint dagegen mit seinem ersten Gesang in der Odyssee ganz gut abzuschneiden. Flesch-Reading-Ease, Wortanzahl und Keyworddichte zu Odysseus sind in Ordnung. Der Rest ist aber auch wie bei den Werken von Shakespeare und Busch eine Katastrophe.

Sie beschließen daher, sich entweder professionelle Hilfe zu holen und eine Social Media-Kampagne zu starten oder sich wieder in ihre ursprüngliche Zeit zurückversetzen zu lassen. Da ihnen die erste Möglichkeit zu aufwendig ist, treten sie kurzerhand den Rückzug in ihre alte Epoche an. Zufrieden und glücklich feiern sie dort ihre wohlverdienten Erfolge.


Und die Moral von der Geschicht?


Der Wert eines Textes lässt sich nicht immer an gewissen Kriterien festmachen. Ich habe manchmal das Gefühl wir schreiben nur noch für Google und nicht für die Menschen beziehungsweise die Nutzer. Es geht nur noch um Quantität anstelle von Qualität. Manchmal hat man einfach nicht mehr zu sagen oder es ist zu einem bestimmten Thema schon alles gesagt worden. Trotz aller Content-Diskussionen, stoße ich immer noch auf unzählige Texte im Internet, die es wirklich schaffen in 800 Worte so viele Keywords zu packen, dass ich nicht mehr weiß, was sie eigentlich anbieten. Oder ich lese einen Text zu einem Marketing-Thema, über das schon zuvor tausende andere Personen geschrieben haben.

Zu den Zeiten von Shakespeare wurde jemand durch Mund-zu-Mund Propaganda berühmt und nicht durch SEO-optimierte Texte oder durch das Aufgreifen des immer wieder gleichen Themas. Klar, es ist wichtig, sich an die Spielregeln von Google zu halten. Wir zahlen aber einen hohen Preis dafür, indem wir nur das Wissen erhalten, was Google als relevant und nützlich für uns erachtet. Vielleicht versteckt sich in den Suchergebnissen auf Seite 60 irgendwo dort draußen ein neuer Shakespeare. Diesen verpasst die Welt aber wahrscheinlich, weil er vielleicht nicht weiß, wie er auf Seite eins kommt oder ihm schlicht einfach das Geld für die Optimierung fehlt. In diesem Sinne: „Sein oder nicht Sein, das ist hier die Frage“.

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